Entsalzung von Sandsteinsäulen am Schloss Belvedere in Potsdam
Entsalzung von Sandsteinsäulen am Schloss Belvedere in Potsdam mit dem Injektionskompressenverfahren
Dr. P. Friese und Dipl.-Ing. A. Protz
Zusammenfassung
Schäden an historischen Bauwerken, an Wandmalereien, Skulpturen und anderen Architekturelementen haben ihre Ursache oft in einem zu hohen Salzgehalt der porösen, mineralischen Werkstoffe. Bei einer Restaurierung, z.B. dem Antrag von Steinergänzungsmaterialien, kann die Dauerhaftigkeit derartiger Maßnahmen durch lösliche Salze stark vermindert werden. Es ist daher häufig notwendig, vor der Instandsetzung eine Entsalzung durchzuführen.
In der vorliegenden Arbeit wird über die erfolgreiche Entsalzung von 64 Sandsteinsäulen am Schloss Belvedere in Potsdam mit dem Injektionskompressenverfahren berichtet. Diese Säulen wurden insbesondere durch Zinksulfat, dass durch Einwirkung von SO2-haltigem Regenwasser auf die ursprünglich vorhandenen Zinkkapitelle gebildet wurde, sehr stark geschädigt. Um weitere Schäden zu vermeiden und eine Restaurierung zu ermöglichen, war es notwendig, das Zinksulfat und andere bauschädliche Salze vollständig zu entfernen.
Entsalzungsversuche an einer Säule, die zum Vergleich der Wirksamkeit unterschiedlicher Verfahren mit den in der restauratorischen Praxis immer noch üblichen Zellulosekompressen durchgeführt wurden, erbrachten nur eine geringfügige Abnahme der Salzkonzentration.
Das Schloss Belvedere auf dem Pfingstberg in Potsdam
Das Belvedere auf dem Potsdamer Pfingstberg ist das Fragment eines von Friedrich Wilhelm IV. geplanten Lustschlosses. Die ersten Entwürfe von Ludwig Persius wurden von F. A. Stüler und L. F. Hesse weiterentwickelt. Das Schloss entstand in mehreren Bauphasen im Zeitraum von 1849- 1863. Die gesamte Anlage wurde im 2.Weltkrieg in Mitleidenschaft gezogen und war bis 1990 ungenutzt. In dieser Zeit ist es durch die Witterung und Vandalismus zu starken Zerstörungen und Substanzverlust gekommen. Seit 1994 lief eine Generalinstandsetzung des gesamten Schlosses und seit Mai 2001 ist der restaurierte Westflügel (Abb. 1) wieder der Öffentlichkeit zugänglich.
Salzbedingte Schäden an Sandsteinsäulen
Das Belvedere hat zwei Säulengänge mit jeweils 32 Säulen aus Reinhardtsdorfer Sandstein. Die ursprünglich an allen Säulen vorhandenen Kapitelle aus Zinkguss waren, da die Überdachung defekt war, über mehrere Jahrzehnte dem in dieser Region bis 1990 vorherrschenden, stark schwefeldioxidhaltigem Regen ausgesetzt. Dies führte dazu, dass das Zink als Zinksulfat gelöst und in den Sandstein der Säulen eingetragen wurde. Zinksulfat ist ein offenbar extrem bauschädliches Salz und wurde als solches bereits an anderen Objekten erkannt [1], wobei die Schadensmechanismen noch nicht vollständig aufgeklärt werden konnten. Dass die Schäden an den Sandsteinsäulen des Belvedere salzbedingt sind, ließ sich bereits visuell gut erkennen: Die durch Schlagregen besonders beanspruchte Westseite der Säulen wies nur geringfügige Schäden auf. Dagegen war auf der Ostseite ein enormer Substanzverlust (Abb. 2) erkennbar, der in manchen Bereichen fast ein Fünftel des Säulendurchmessers ausmachte. An der Westseite wurden die Salze ausgewaschen und mit der kapillaren Wasserströmung auf die Gegenseite transportiert, wo die Salze bei der Abtrocknung auskristallisieren konnten. Wenn die Schäden durch Frostsprengungen oder ein Auswaschen von Bindemittel entstanden wären, hätte die Westseite einen stärkeren Substanzverlust aufweisen müssen.
Voruntersuchungen an den Säulen ergaben Salzkonzentrationen von 0,1 bis 1 Masse% an Zinksulfat, und es bestand die dringende Notwendigkeit, die löslichen Salze aus dem Sandstein zu entfernen. Dazu wurde das Injektionskompressenverfahren [2, 3 und 4] empfohlen und eingesetzt. Zum Vergleich der Wirksamkeit des Injektionskompressenverfahrens mit der in der restauratorischen Praxis weit verbreiteten Anwendung von Zellulosekompressen, die mehrfach auf die Oberfläche der zu entsalzenden Objekte aufgelegt werden, wurde eine Säule mit dieser Methode behandelt.
Entsalzung der Säulen mit dem Injektionskompressenverfahren
Beim Injektionskompressenverfahren wird destilliertes Wasser über kleine Packer (6 mm Durchmesser) im Inneren des zu entsalzenden Objektes, hinter den salzführenden Schichten aufgegeben. Die Salze werden in dem Wasser gelöst und mit einer kapillaren Wasserströmung in eine außen angebrachte Kompresse transportiert aus der das Wasser verdunsten kann. Dabei werden die Salze in der Kompresse (teilweise sichtbar) angereichert. Die Entsalzung von Säulen ist besonders effektiv, weil die Säulenoberfläche vollständig mit Kompressenmaterial belegt werden kann und das aufgegebene Wasser deshalb ausschließlich in der Kompresse verdunstet.
Zur Entsalzung wurden die 350 cm hohen Säulen (Durchmesser 40 cm) demontiert und in einer überdachten Halle aufgestellt (Abb. 3). Als Kompressenmaterial wurden Streifen von Viscoseschwamm verwendet, die überlappend in die Kaneluren eingelegt und mit Spannbändern an den Säulen befestigt wurden. Ein wesentlicher Vorteil dieses Kompressenmateriales ist, dass es ausgewaschen und mehrfach wiederverwendet werden kann. Darüber hinaus ist es möglich, einzelne Proben mit dest. Wasser auszuwaschen, das Wasser einzudampfen und die Salze zu isolieren. Die Wasserzugabe erfolgte bei einer Säulenreihe über jeweils 5 Packer, die in Abständen von 70 cm über die Höhe gleichmäßig verteilt wurden. Die Schäden an den Säulen waren bereits so weit fortgeschritten, dass genügend Fehlstellen vorhanden waren, an denen die Bohrlöcher zur Aufnahme der Packer eingebracht werden konnten, ohne die Oberfläche der Säulen zusätzlich zu beeinträchtigen. Die Gesamtwassermenge, die zur Entsalzung eingesetzt wurde, war so bemessen, dass sie das 1,2 fache des freien Porenraumes füllen konnte.
Bei dieser Anordnung ist der Ablauf der Entsalzung weitgehend abhängig von der Geschwindigkeit, mit der das Wasser in der Kompresse verdunstet. Ohne zusätzliche Heizung und Ventilation waren in den Sommermonaten ca. 3 Monate notwendig, wobei die Wasserzugabe nur über einen Zeitraum von ca. 14 Tagen erfolgte. Die übrige Zeit wurde zur Trocknung des Kompressenmateriales und der Säulen benötigt. Dort, wo durch Sonneneinstrahlung eine stärke Verdunstung von Wasser vorlag, zeigten sich bereits nach 3 Wochen Salzkristalle an der Kompressenoberfläche.
Obwohl die Bohrlöcher zur Aufnahme der Packer nur einen geringen Eingriff in die Originalsubstanz darstellen, der bei der voliegenden Objekten sicher „verschmerzt“ werden kann, ist es doch erstrebenswert, ohne solche Eingriffe auszukommen. Deshalb wurden einige Versuche durchgeführt, um eine Möglichkeit zu finden, das zur Entsalzung notwendige Wasser ausschließlich über einen Teil der Oberfläche zuzugeben.
Im Ergebnis dieser Versuche konnte bei den Säulen des östlichen Säulenganges auf das Einsetzen der Packer verzichtet werden. Das Wasser wurde über 4 Viscosestreifen, die durch Folien seitlich von der übrigen Kompresse getrennt waren, aufgegeben. Die Wasserzufluß erfolgte am oberen Ende der in die Kaneluren eingelegten Streifen und wurde so dosiert, dass genügend Wasser für die kapillare Wasseraufnahme durch den Sandstein zur Verfügung stand und zusätzlich ein Überschuß an Wasser unten ablief, der dann wieder nach oben gepumt wurde. Die Abb. 4 zeigt eine schematische Darstellung der Wasserströmungen in den Säulen beim Injektionskompressenverfahren und dem an der Ostseite praktizierten Eintrag von Wasser über die Oberfläche der Säulen. Mit dieser Anordnung wurden ca. 10 Tage benötigt, um die zur vollständigen Entsalzung notwendige Wassermenge in den Sandstein einzubringen. Die Trocknung nahm dann noch weitere 50 Tage in Anspruch, wobei zur Beschleunigung der Wasserverdunstung Ventilatoren aufgestellt wurden. Nachuntersuchungen und Vergleich der Wirksamkeit des Injektionskompressenverfahren mit dem einfachen Auflegen von Zellstoffkompressen.
Sehr umfangreiche Vor- und Nachuntersuchungen wurden vom Geologischen Landesamt Brandenburg an zwei der Sandsteinsäulen durchgeführt, von denen eine mit dem Injektionskompressenverfahren und die andere mit einem einfachen Kompressenverfahren (dreimaliges Auflegen von feuchten Zellstoffkompressen) behandelt wurden. Im Ergebnis wurde festgestellt, dass mit dem Injektionskompressenverfahren eine nahezu vollständige Entsalzung der Säulen erreicht wurde, während mit den Zellstoffkompressen nur ein kleiner Bruchteil der Salze aus dem Sandstein entfernt wurde. Probleme bereitete die Bilanzierung der Salzmengen bei der Entsalzung mit den Zellstoffkompressen. Bei einem Vergleich der Salzmengen in verschiedenen Schichten des Sandsteines vor und nach der Behandlung ergaben sich bei einigen Einzelionen der bauschädlichen Salze durchaus Unterschiede vom 50%, was bedeutet hätte, dass etwa die Hälfte der Salze entfernt wurde. Entscheidend ist in solchen Fällen aber ein Vergleich des Gesamtsalzgehaltes im Sandstein mit dem Salzgehalt, den man nach dem Abtrocknen in den Kompressen findet. Bilanzrechnungen auf dieser Grundlage ergaben, dass mit den Zellstoffkompressen lediglich zwischen 10 und 20 % der ursprünglich vorhandenen Salze entfernt wurden.
Es ist zu vermuten, dass ein großer Teil der Salze mit der Wasserströmung lediglich in tiefere Schichten der Sandsteinsäulen „verschoben“ wurden. Dabei muss berücksichtigt werden, dass bei derartigen Objekten die löslichen Salze sehr unterschiedlich verteilt sein können. Da nur ein Minimum an Probematerial für Analysen entnommen werden kann, bestehen große Unsicherheiten, wenn aus den Analyseergebnissen einzelner Proben auf den Gesamtsalzgehalt der Säule extrapoliert wird.